Die bei ŠKODA machen immer alles richtig. Ich kann mich gut
erinnern, wie ein Freund und Journalisten-Kollege diese Meinung am Rande einer Pressekonferenz geäußert hat.
Das ist Jahre her, und seitdem lernte ich so gut wie alle jeweils aktuellen Modelle des tschechisch-deutschen Autoherstellers kennen - teils beruflich, teils privat.
Angesichts dieser Erfahrungen stimme ich heute seiner Aussage weitgehend zu. Trotzdem gehe ich an jeden neuen Testreport über einen ŠKODA unvoreingenommen und sachlich heran -
gerade so als wäre es der erste.
Übrigens habe ich kurz überlegt, ob ich diesen Bericht "Scheiden tut nicht weh" titeln sollte. In Anspielung auf den Abschied vom ŠKODA "Yeti", der sich ja nun aus dem Markenportfolio verabschiedet und vom "KAROQ" abgelöst wird.
Wäre ich ein wenig bösartig veranlagt könnte ich
einleiten mit:
"... wieder eines von diesen Baukasten-Modellen des sogenannten MQB-Konzeptes (Modularer Querbaukasten) der
Volkswagen-AG".
Bösartig bin ich aber
nicht, und der "KAROQ" ist selbstverständlich mehr als nur ein Baukasten-Auto. Obwohl es stimmt, dass er sich mit Erfolgsmodellen wie dem Audi A1, Audi Q3, mit diversen SEATs und dem VW Polo, dem Tiguan, T-Roc und T-Cross einen Platz im MQB-Ax teilt.
PASST in keine SCHUBLADE
Aber wen interessiert schon, was oder wie ein Auto nicht ist? Wir haben den "KAROQ" getestet, und zwar in der 1.5 TSI-Motorisierung mit 150 PS (110 kW). Als wir ihm erstmals gegenüber standen waren wir beeindruckt, wie stämmig er dasteht. Manche bezeichnen ihn ja leicht einschränkend als "Kompakt-SUV". Muss ich in diesem Fall so differenzieren? Das habe ich mich gefragt, und: Komme ich bei dem Testbericht nicht ohne neue Schubladen für schon bestehende Schubladen aus?
Sport Utility Vehicle. Punkt. Das bedeutet per Definition: ein Personenkraftwagen
mit erhöhter Geländetauglichkeit durch Allradantrieb und Bodenfreiheit; seine Karosserie erinnert an das Erscheinungsbild eines Geländewagens, doch das Fahrzeug bietet dabei limousinen-ähnlichen
Fahrkomfort.
So einer ist für mich der ŠKODA "KAROQ" - ein wirklicher SUV. Allerdings einer, dem das Kunststück gelingt, nicht gewollt-martialisch wie ein Wrestler daher zu kommen, sondern trotz seiner
gewissen Massigkeit noch filigran zu wirken. Dass ihm das gelingt liegt an seinem überaus detailreichen Look.
Ringsum wirken geometrisch-exakte Formen/Linien im Wechselspiel mit dynamischen
Schwüngen - Rundes korrespondiert mit Eckigem, Sportlichkeit steht nie in Opposition zu Konservativem. Überraschende Formen, an denen der Blick auf's Ganze aber nicht irritiert hängenbleibt. Dem
"KAROQ" gelingt das Kunststück , als optische Einheit zu erscheinen, obwohl sein Design von einer Fusion aus vielen Abwechslungen lebt.
Den Sitzen bescheinigen wir Rückenfreundlichkeit und
guten Seitenhalt. Da freut sich die Wirbelsäule auch bei längerer Fahrt. Rückenprobleme sind mittlerweile zu einer Volkskrankheit avanciert - an ŠKODA liegt das sicher nicht.
Federung und Dämpfung des "KAROQ" arbeiten Hand in
Hand, ergänzen einander perfekt und bilden eine gelungene Symbiose. Laute Fahrgeräusche werden effektiv geschluckt und bleiben weitgehend draußen.
Wo wir gerade beim Thema Komfort sind: eine kleine Einschränkung
muss erwähnt werden. Der ansonsten kompetente 1.5 TSI-Motor ist in puncto Laufkultur kein Vorbild. Er arbeitet nicht gerade im Belcanto-Sound. Will sagen er tönt bei der Arbeit ziemlich
rauh.
Seine 150 PS /110 kW Leistung bringen den "KAROQ" laut Hersteller-Angaben in gut achteinhalb Sekunden aus dem Stand auf Tempo 100 - wir haben zwar nicht so exakt nachgestoppt, aber dieser Wert kommt uns realistisch vor. Jedenfalls mussten wir uns bei keinem Ampelstart blamieren. Die Höchstgeschwindigkeits-Angabe von leicht über 200 km/h können wir bestätigen.
Positiv beeindruckt haben uns die Fahrleistungen auf jeden Fall. Wir waren mit diesem SUV selbst in dichtem Stadtgewimmel überaus agil und flexibel unterwegs. Es sucht sich geradezu die Lücken im Spurverkehr, und Bahnwechsel gehen fast so leicht wie mit einem kompakten Kombi. Dynamik statt Dickschiff. City-Groove statt Forstbetrieb. Cool, diese SUV-Interpretation.
Aber irgenwas müssen wir beim Fahren immer falsch gemacht haben, denn mit der offiziellen 5,4 Liter-Verbrauchsangabe kamen wir nicht annähernd zurecht. Auf knapp acht lief es eher hinaus. Immer noch ein recht guter Wert, aber ziemlich weit entfernt von den offiziellen Herstellerinformationen.
Um allerdings eine stabile Erfolgsquote zu etablieren
reicht es nicht aus, sich an das Image von Promis zu koppeln. Am Ende zählt, wie gut das Auto ist. Diese Frage kann nur beantworten, wer sich reinsetzt und fährt. Was wir ausgiebig getan
haben.Vor dem Start provozierte das grüne Männchen in meinem Hinterkopf kurz mit Zweifel. Fragte: "Kann so ein
1.5-Liter-Motörchen dieses immerhin um die 1.400 kg schweren SUV halbwegs flott vom Fleck bewegen?" (zul. Ges.-Gewicht: 1915 kg)
Es kann. Und zwar so effektiv, dass ich fast nichts an Beschleunigung und Agilität zu bemängeln habe - fast nichts: leider zögert das DSG beim Zurückschalten ein wenig zu sehr. Außerdem blättert es zuweilen in den Übersetzungs-Optionen herum wie ein unentschlossener Kartenspieler in seinem Blatt. Mit den Schaltwippen arbeiten wäre eine Möglichkeit, dem Getriebe ein wenig auf die Sprünge zu helfen, aber selbst dabei kommt es schonmal zu kleinen Reaktions-Pausen.
CLEVERNESS
ist die Summe cleverer DETAILS
Innen geht es - wie schon gesagt - bequem und komfortabel zu. Vorn sitzen Fahrer und Beifahrer perfekt in der wirklich gut möblierten ersten Reihe, dahinter können sich sowohl die Kids als auch die Schwiegereltern und sonstige Mitfahrer nach Herzenslust ausbreiten. Platz hat es reichlich, auch - wie in allen ŠKODA-Modellen üblich - für die kleinen Dinge des automobilen Alltags: Parkmünzen, USB-Sticks, Snacks, Kaugummi, Getränke, Mobilephones, Töchterleins Haarspangen und Sohnemanns Action-Figuren. Für alles gibt es pfiffige Fächer und Halterungen.
Den Hersteller ŠKODA macht mir nicht zuletzt die Tatsache sympathisch,
dass die Produkt-Entwickler offensichtlich an den Menschen (nicht nur an den Fahrer) denken. Regnet es draußen? Ein Schirm ist unterm Beifahrersitz zu
finden. Dort hat man ihn stets griffbereit - falls es einem nicht wie mir ergeht. Ich vergesse generell, ihn nach Gebrauch auch wieder mit zurück ins Auto zu nehmen.
Die Kofferraum-Leuchte kann bei Bedarf einfach herausgenommen werden und taugt als Taschenlampe. Für ganz kalte Tage wartet ein Eiskratzer in der Tankklappe. Das herausnehmbare Müll-Eimerchen im
Türfach erleichtert die einfache Entsorgung von Parkzetteln, Bonbonpapier und derlei Kram.
Ach ja - falls Sie es noch nicht wussten: wer die Filzmatte vom Boden des doppelten Kofferraums umdreht entdeckt auf der Unterseite den Gummibezug. Schmutzresistent. Abwaschbar. Da kann man auch
mal gefahrlos die angeschlammten Mountain-Boots
zwischenlagern. Wie oft müssen wir noch das Adjektiv "clever" wiederholen?
Alles in allem bekommt der ŠKODA "KAROQ" von uns ein 'Sehr Gut' für Fahrverhalten bescheinigt. Das kompetent-straffe Federwerk in Personalunion mit der direkten und sensiblen Lenkung sorgen für optimalen Kontakt zur Straße. Noch besser geht es wohl nur mit Allrad und adaptivem Fahrwerk DCC (Dynamic Chassis Control) - das bietet drei Modi zur Auswahl: Comfort, Normal u.Sport, die passend zu Straßenzustand und zum gewünschten Fahrstil über elektrisch gesteuerte Ventile die Arbeit der Dämpfer beeinflussen. Ergibt ein Plus an Stabilität und damit aktiver Sicherheit bei dynamischer Kurvenfahrt.
Am Fahrverhalten des ŠKODA "KAROQ" gefiel uns neben den erwähnten sportlichen
Ambitionen (die wir ausdrücklich loben) aber vor allem, dass dieses SUV eben fährt wie - ja: so wie ein
normales Auto. Stichwort Alltagstauglichkeit. Wer drin sitzt kommt ganz selbstverständlich damit zurecht. Es besteht kein Grund, ständig das Hinterkopf-Kinoprogramm "aufpassen, ich fahre einen SUV" laufen zu lassen. Passe ich in diese Lücke? Komme ich in die enge Garage? Fahre
ich nicht zuweit rechts oder links? Kein Problem. Alles gut. Einfach fahren. Dieser ŠKODA ist ein Auto - kein Monstertruck. Ist er deshalb
langweilig?
Nein! Mit Ausrufezeichen. Er hat durchaus Begeisterungspotenzial, auch wenn er sich damit nicht vordrängelt. Leistung und Drehmoment (150 PS und 250 Nm
liegen schon ab 1500 Umdrehungen an) sind bei ihm keine Theorie, sondern Praxis. Was man u.a. daran
spürt, dass die Reifen beim Anfahren gern etwas Gummi an den Straßenbelag spenden.
Legt man es auf einen 0-100-Sprint an, der in etwa 8,6
Sekunden machbar ist, muss man das Pedal nicht wie wild "durchtrappen". Auch ein sanfter Tritt sorgt bereits für reichlich Vortrieb.
Im Eco-Modus schnappt der Motor so um Tempo 80 kurz mal Luft für
den Turbolader. Dieses Atempäuschen kann man in Stufe "Sport" umgehen, denn da wird die Drehzahl mittels schärferer Gaskennlinie angehoben. Was beim Start wie auch beim Überholen für deutlich
bessere Werte sorgt.